Am Dienstag, den 24.03.2015 fand in der Bergischen VHS eine Podiumsdiskussion zum Thema Solidarisches Bürgerticket statt. Das Podium war mit Prof. Dr.-Ing. Oscar Reutter (Wuppertal Institut), Gregor Waluga (Wuppertal Institut), Irene Schlünder (Rechtsanwältin), Dietmar Bell (MdL, Aufsichtsratsvorsitzender der Wuppertaler Stadtwerke) und Frank Meyer (Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bauen, Verkehr, Umwelt) breit aufgestellt.
Zu Beginn der gut besuchten Veranstaltung im VHS-Forum stellte Gregor Waluga die Vor- und Nachteile des solidarischen Bürgertickets dar. In seinem Vortrag ging er auf die Kosten für die Bürger und den rechtlichen Rahmen bezüglich der Umsetzung ein. An den Vortrag schloss sich eine lebhafte, aber erstaunlich sachliche Debatte an. Es wurden Fragen der Gerechtigkeit (Randlage vs Innenstadt), Finanzierung und Reichweite des Tickets auf dem Podium um im Publikum diskutiert. Ich, und zahlreiche weitere Besucher, haben von der Veranstaltung unter dem Hashtag #freischweben, live getwittert. Hier eine Auswahl der Tweets von gestern:
#rdpgate schon vergessen? #freischweben
— @talradler@ruhr.social (@talradler) March 24, 2015
Während der Diskussion wurde die These vertreten, dass in Wuppertal der MIV nicht mehr bevorzugt würde. Nicht nur bei mir wurden Erinnerungen an die Sperrung der Fussgängerampel am Robert-Daum-Platz wach.
Döppersberg-Umbau hat dem ÖPNV in Wuppertal starken Zulauf beschert. #freischweben
— @talradler@ruhr.social (@talradler) March 24, 2015
In Wuppertal wurde durch die Döppersberg-Sperrung ein großer Zuwachs im Bereich des ÖPNV verzeichnet. Scheinbar sind viele Bürgerinnen und Bürger auf Schwebebahn und Busse umgestiegen. Allerdings kostet, laut Dietmar Bell, die Sperrung des Döppersberg den Wuppertaler Stadtwerken jährlich 1 Millionen Euro.
Verkehrsverbünde schaffen es heutzutage schon nicht sich akzeptable zu einigen — so ein Beitrag aus dem Podium #freischweben
— Schweberingbahn (@schweberingbahn) March 24, 2015
Auch die Reichweite des Tickets wurde diskutiert: Vor allem die Frage wie ein solidarisches Bürgerticket über die Grenzen der Stadt hinaus umsetzbar sei. Dabei wurde auch Kritik an der aktuellen Nahverkehrsstruktur und der „Kleinstaaterei“ der Verkehrsverbünde geübt.
Absolute Gerechtigkeit gibt es nirgendwo, auch nicht beim #büti. #freischweben
— @talradler@ruhr.social (@talradler) March 24, 2015
Ein weiteres Thema: Wie gerecht kann ein solidarisches Bürgerticket sein? Am Beispiel von Randlagen mit wenig oder keiner Busanbindung („Hinterstes Sudberg“) wurde die Frage aufgeworfen, wieso Menschen mit wenig Zugang zum ÖPNV genau so viel zahlen sollen, wie Menschen die direkt an Verkehrsknotenpunkten wohnen.
ÖPNV wird mehr sein, als wir uns heute vorstellen können. #freischweben
— @talradler@ruhr.social (@talradler) March 24, 2015
Neben den bekannten Verkehrsträgen wie Bus und Bahn wird der ÖPNV der Zukunft weitere Verkehrsmittel kennen. Als Beispiel wurde die geplante Seilbahn zur Uni/Schulzentrum und die Solinger O-Busse angeführt.
Manche nennen es Premium-Radweg, ich nenne es #Radschnellweg. #freischweben
— @talradler@ruhr.social (@talradler) March 24, 2015
Auch der Radverkehr wurde kurz thematisiert. Durch die Nordbahntrasse, die von Frank Meyer als „Premiumradweg“ bezeichnet wurde, würde der Radverkehr in Wuppertal stark ansteigen. Der Anteil des Fahrrads im Modal-Split würde sich vervielfachen (Bei 1,5% ist das auch nicht sehr schwer). Dies würde sich bereits jetzt auch im Stadtbild niederschlagen.
Nachtrag zu #freischweben: Reutter: In Zukunft "Verkehr im 4/4-Takt" 1/4 MIV, 1/4 ÖPNV, 1/4 Fussverkehr, 1/4 Radverkehr.
— @talradler@ruhr.social (@talradler) March 25, 2015
Doch wie soll der Verkehr der Zukunft aussehen. Oscar Reutter vom Wuppertal-Institut bringt dies auf eine einfache Formel. (Ich selber bevorzuge die Teilung 20/80. 20% MIV, 80% Umweltverbund aus ÖPNV, Fuss- und Radverkehr. Eigentlich ist es egal ob die Menschen zu Fuss, mit dem Rad oder mit dem Bus fahren, solange sie nicht mit dem PKW fahren.)
Eine sehr ruhige und sachliche Diskussion über die Einführung des Bürgertickets. Gelungene Veranstaltung. #freischweben
— Echolotta // echolotta@nrw.social (@echolotta) March 24, 2015
Ich muss ehrlich sagen, ich habe deutlich mehr Krawall in der Veranstaltung erwartet. In der Diskussion wurden zahlreiche Fassetten des solidarischen Bürgertickets angesprochen. Dabei wurde mir nochmals klar, wie viele Fragestellungen dieses Thema umfasst. Von der Frage der Finanzierung des existierenden ÖPNVs, über die Frage der Klima- und Umweltbelastungen durch den MIV, bis hin zu der Frage wie wir die Stadt der Zukunft gestalten wollen und können, finden sich alle diese Aspekte in der Idee eines solidarischen Bürgertickets wieder. Klar ist aber auch: Wir stehen am Anfang eines Prozesses, der auch auf viele grundlegenden Fragen eine Antwort finden muss. Nur so kann eine Akzeptanz für die Idee eines Bürgertickets geschaffen werden.